500 RADIOSENDUNGEN

Am 27. Jänner 2023 postete das Freie Radio Salzkammergut auf seinem Facebook-Account die Mitteilung, dass gerade meine 500. Radiosendung ausgestrahlt wurde.

Begonnen hat alles im Jahr 2008. Nach einem Einführungstag im April 2008, bei dem einige interessierte Menschen sich im Studio des Freien Radio Salzkammergut in Bad Ischl zusammen gefunden hatten, um sich über die Möglichkeiten als Sendungsmacher kundig zu machen, startete ich am 03.06.2008 mit der ersten Ausgabe meiner Musiksendung CONTRAST – Live in Bad Ischl. Nach einer kurzen 5-minütigen Einschulung am Mischpult war ich mir selbst überlassen – und fühlte mich leicht überfordert. Tatsächlich gab es einen kleinen Fehler – nach dem Ansagen einer Nummer, kam eine andere und nicht die gewünschte. Aber was soll es – ich meinte halt kurz ins Mikrofon, das war beim ersten Mal einfach zu erwarten. Nach drei Livesendungen war mir klar, dass es zu aufwendig wäre, jeden ersten Dienstag des Monates am Nachmittag Zeitausgleich zu nehmen, um nach Bad Ischl zu fahren. Ich verlegte mich damit dann auf Aufzeichnungen, die ich dann ins Studio schickte. Meine Musiksendung ist zu einer kontinuierlichen Einrichtung geworden, im Februar läuft aktuell die 175. Contrast-Sendung – daneben gab es auf dieser Sendungsscheine aber auch immer wieder diverse Sondersendungen sodass bislang 195 Contrast-Musiksendungen von mir gelaufen sind (6 davon gemeinsam Live mit meinem Sendungsmacherkollegen Roland Holzwarth, der selbst die Sendung „Beats For The Streets“ moderiert).

Nachdem dann das Radionest Vöcklabruck als Zweigstelle des Freien Radio Salzkammergut entstand, begann ich gesellschaftspolitische Beiträge für die Infobox Vöcklabruck zu gestalten. Und auch eine Musikschiene gab es im Rahmen der Infobox dann, wenn in der Sendezeit entsprechend Platz war – das „Musikfenster im Radionest Vöcklabruck“ – 15 Musikbeträge konnte ich dabei gestalten.

Im Jahr 2014 entdeckte mich dann der Freie Rundfunk Oberösterreich (Radio FRO). Es wurde nachgefragt, ob ich mir vorstellen könnte, dass CONTRAST auch in Linz ausgestrahlt wird. Klar doch – dann zahlt sich das Sendung machen „doppelt“ aus.

2015 absolvierte ich bei Radio FRO zwei Ausbildungen: Den „Basisworkshop“ und die „Lehrredaktion“. In der Lehrredaktion war als Abschluss der Ausbildung eine einstündige Sendung Live zu moderieren. Ich wählte das Thema „Islamischer Staat“. Damit war meine 2. Sendungsschiene VOR ORT „Ansichten, Einsichten und Aussichten – Die Einladung zum gesellschaftspolitischen Diskurs – Ein Beitrag zur Meinungsvielfalt“ geboren, in der ich gesellschaftspolitische Themen besetzen wollte. Bis heute sind es exakt 200 VOR ORT Ausgaben geworden. Mit dieser Sendung verbinde ich noch den Appell des wissenschaftlichen Leiters Dr. mult. Hilarion Petzold meiner Ausbildung zum akademischen Supervisor und Coach an der Donau-Universität Krems (2008 – 2013) der mir als Absolvent nahelegte:

„Als Supervisor haben Sie die Aufgabe, gesellschaftspolitische Entwicklungen wahrzunehmen, zu beobachten, zu analysieren, zu kommentieren und auch zu hinterfragen. Das ist zukünftig Ihre Verantwortung … nehmen sie diese bewusst wahr!“ Und er holte aus: „Publizieren Sie! Scheuen Sie das nicht! Es ist enorm wichtig, dass Sie ihre Stimme erheben, dass Sie Ihren Blick schärfen, dass Sie sich eine eigene und unabhängige Meinung bilden – und diese der Öffentlichkeit dann nicht vorenthalten!“

Und damit war auch der Rahmen von VOR ORT vorgegeben: Diese Sendung soll dazu dienen, Stimmen, Meinungen und Befindlichkeiten zu hören, welchen in sonstigen Medien meist wenig Platz eingeräumt wird. Die Form dazu ist unterschiedlich: Interviews, Buchrezensionen, Analysen, Essays – vieles ist möglich. VOR ORT lebt von Interesse und Neugier und will auch versuchen, sich „gesellschaftspolitischen Phänomenen“ aus unorthodoxem Blickwinkel zu nähern.

Ein Diskurs bejaht das Gegenüber, begegnet ihm/ihr wertschätzend. Und er ist nie „fertig“! Ein Beitrag zum Diskurs beinhaltet die bisherigen Erfahrungen, Informationen, Überlegungen, Rückschlüsse, Analysen und Zuweisungen. Um den Diskurs lebendig zu halten, braucht es Reaktionen, andere Meinungen, neue Informationen. Dann kann das Bild wachsen, vollständiger werden und sich weiterentwickeln – möglicherweise in eine ganz andere Richtung als ursprünglich angenommen wurde.

Nur: Zu einem Diskurs kommt es kaum: Rückmeldungen sind äußerst rar, umso mehr schätze ich sie, wenn es welche gibt. In VOR ORT 199 habe ich mit dem früheren Nationalratsabgeordneten Josef Buchner (seinerzeit bei den Grün-Alternativen unter Freda Meissner-Blau) und späterem Steyregger-Bürgermeister ein Gespräch geführt – 6 schriftliche Rückmeldungen sind dazu gekommen. Das hatte ich vorher noch nie! Im Regelfall bleibt man als Sendungsmacher sehr einsam.

Im Frühjahr 2016 konnte ich im Rahmen eines zweimonatigen Volontariates bei Radio FRO meine Kenntnisse erweitern. Jeden Donnerstag hatte ich das Info-Magazin FROzine live zu moderieren und im Regelfall Studiogäste bei mir. Einerseits die Regler zu bedienen und andererseits für die Kommunikationsschiene verantwortlich zu sein, war zu Beginn eine Herausforderung – langsam stellte sich Routine ein!

Nach wie vor gab und gibt es zu meinen zwei fixen Sendungsschienen weitere Beiträge: So war ich einige Male beim Linzer internationalen Filmfestival „Crossing Europe“ vertreten, wo ich mit Regisseuren über ihre präsentierten Filme sprechen konnte. Besonders in Erinnerung geblieben ist mir dabei mein Beitrag im Jahr 2021 mit dem belarussischen Regisseur Aliaksei Paluyan, der seinen Dokumentarfilm „Courage“ über den Widerstand der Bevölkerung in Belarus nach der letzten Präsidentschaftswahl im Jahr 2020 (VOR ORT 160). Er schilderte mir, dass er unheimliches Glück gehabt hätte, mit dem Filmmaterial ins Ausland gekommen zu sein – viele andere Filmemacher hätten das nicht geschafft. Die Protagonisten seines Filmes traf er kurze Zeit später wieder in Kiew. Sie hatten – wie so viele andere – den Staat Lukaschenkos verlassen. Und beim Info-Magazin „Der Widerhall“ beim Freien Radio Salzkammergut, gibt es auch hin und wieder Kurzbeiträge, die von mir gestaltet wurden.

Hin und wieder wurden Beiträge von mir auch vom Freien Radio Freistadt wie auch vom Freien Radio Kirchdorf (B 138) übernommen. Aktuell bin ich mit dem neu geschaffenen Freien Radio Innviertel in Ried im Innkreis im Gespräch, ob dort VOR ORT oder vielleicht auch CONTRAST übernommen wird.

Gefreut habe ich mich, als VOR ORT 150 – meine Beschreibung von Anna Mayrs Buch „Die Elenden“ (sie erlebte ihr Aufwachsen bei Eltern, die Hartz-IV Empfänger waren) für den Österreichischen Radiopreis 2020 in der Kategorie „Dokumentation“ nominiert wurde. Zu einem Preis reichte es letztlich nicht. Aber angespornt von diesem Erfolg wollte ich 2021 wieder Beiträge von mir einreichen – und wartete in meiner Naivität aus eine entsprechende Information, die ich alle Jahre zuvor immer verlässlich zeitgerecht von den Freien Radios bekommen hatte. Als es mir schon zu lange dauerte und ich konkret nachfragte, wurde mir beschieden, dass für 2021 alles schon gelaufen ist. Auf eine entsprechende Info an die freien Sendungsmacher wurde einfach vergessen, bzw. nahm man an, dass diese keine Sendungen einreichen werden. Also wieder was gelernt: „Nie auf Andere verlassen“! Leider – denn das hätte ich gerne anders.

Viele interessante Menschen konnte ich durch meine Radioaktivitäten kennen lernen: Die Palette reicht von Margit Fischer (Frau unseres exBundespräsidenten), den Journalisten Paul Lendvai, den Ökonomen Stephan Schulmeister, den ORF-Redakteur Raimund Löw, die ehemalige Politikerin Heide Schmidt, ex ÖVP Chef Reinhold Mitterlehner u.v.a. Spannend waren aber auch Begegnungen mit nicht so öffentlich bekannten Menschen, mit denen ich mich über diverse Sachthemen auseinandersetzen konnte. Oftmals erlebe ich das Einlassen auf bestimmte Themen und die dann geführten Gespräche auch als persönliche Fortbildungen von mir – sie lassen meinen Horizont wachsen. „Lernen kann man von jenen, die eine andere Meinung haben“ – meint z. B. Christoph Zulehner in VOR ORT 200 im Beitrag „MESH“. Mein häufigster Gesprächspartner war der Publizist Norbert Blaichinger aus Zell am Moos: Insgesamt 7 Beiträge habe ich mit ihm gestaltet, meist ging es dabei um ungeklärte Kriminalfälle in Oberösterreich. Seine Ausdauer, sich nicht mit halbfertigen Ergebnissen zufrieden zu geben, sondern selbst zu recherchieren ist bewundernswert. Freunde macht er sich damit nicht immer!

Natürlich gibt es auch Menschen, die schlagen meine Anfrage bezüglich eines Radiointerviews aus. Zuletzt war das Oberbank-Chef Franz Gasselsberger, der in den OÖ. Nachrichten kundtat, man möge auf private Pensionsvorsorge setzen. Da ich in diesem Bereich ganz andere Erfahrungen gemacht habe, habe ich ihn kontaktiert und gemeint, er möge doch in einem Gespräch mit mir die Produkte vorstellen, die er meint und auch dazu Stellung nehmen, warum gerade bei Lebensversicherungen so vieles in der Vergangenheit schief gelaufen ist und viele Menschen nicht einmal das heraus bekommen was sie einbezahlt haben.

Im Gespräch war ich auch mit Landesrat Wolfgang Hattmannsdorfer wegen eines Radiobeitrages schon vor einem Jahr. Meine Fragen hatte ich ihm schon übermittelt. Er hat das dann wegen der Ukraine-Krise abgesagt – einen neuen Termin habe ich auf mehrmaliges Nachfragen nicht mehr bekommen. Ich habe ihm in seinem Linzer-Büro noch ein Fachbuch von Christoph Zulehner über Personalbedarf in Gesundheits- und Pflegeunternehmen vorbei gebracht (da gibt es in VOR ORT 40 auch einen Radiobeitrag dazu). Eine Reaktion darauf gab es nicht! Wie auch immer – er wird Wichtigeres zu tun haben, als sich mit mir zusammen zu setzen.

Grundsätzlich sehe ich die Möglichkeit der Sendungsgestaltung bei den Freien Radios auch aus der Sicht des Kommunalpolitikers der gerne über den Tellerrand blickt und sich damit eine Stimme verschafft. Natürlich wäre es verwegen, zu meinen, ein Thema im Radio zu besetzen, beeinflusst Entscheidungen der Mächtigen. Aber es hinterlässt in mir oft das Gefühl, zumindest einen kleinen Akzent gesetzt zu haben, etwas aufgezeigt zu haben und nicht ganz untätig – oder auch ohnmächtig – gewesen zu sein!

Den Großteil meiner Radiosendungen kann man nachhören – sie sind auf dem CBA-Server der Freien Radios hinterlegt:

https://freie-radios.online/sendereihe/contrast

https://www.freie-radios.online/sendereihe/vor-ort-ansichten-einsichten-und-aussichten

Christian Aichmayr

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