Ehrlich gesagt war ich ein wenig überrascht, als ich die Kandidatenlisten der wahlwerbenden Gruppierungen bei unseren 5 Plus Gemeinden (Pitzenberg / Pühret / Rutzenham / Oberndorf bei Schwanenstadt / Schlatt) interessiert durchgesehen habe. Wenige Kandidaten haben bei ihrem Geburtsjahr einen 2er vorne. In Rutzenham selbst haben wir niemanden mit einem 2er beim Geburtsjahr. Irgendwie kriege ich ja unterschiedliche Botschaften serviert: Einerseits heißt es, die Politik- und/oder die Parteiverdrossenheit ist riesig, andererseits heißt es auch, dass dem keinesfalls so ist und dass die Jugend durchaus Interesse hat, mitzugestalten. Dokumentiert ist das aber durch die Kandidatenlisten in unseren 5 Gemeinden für mich nun kaum. Das finde ich eigentlich schade. Denn natürlich geht es bei der Gestaltung der Zukunft gerade auch um die jungen Menschen – die wohl noch etliche Lebensjahrzehnte vor sich liegen haben.
Ich selbst war 1979 gerade 21 Jahre alt geworden, als ich das erste Mal für einen Gemeinderat kandidierte. Damals in Schwanenstadt, auf Platz 7 der von Heini Staudinger (heute GEA Geschäftsführer in Schrems, Niederösterreich) initiierten PUM (Partei für Umweltschutz und Menschlichkeit). Mein Elternhaus war ÖVP-geprägt, mein Vater als Gemeindebeamter in Schwanenstadt stand auf der ÖVP Kandidatenliste. Spannend war damals, dass das Durchschnittsalter der damaligen PUM-Kandidaten (ich glaube mich zu erinnern, dass die PUM mit 26 Kandidaten antrat) wohl so um die 23 Jahre lag. Wir waren jung und wollten mitreden, mitgestalten und mitformen – und das im Rahmen einer neuen Gruppe, welche ihren eigenen Kommunikationsstil hatte und es anders machen wollte als die etablierten Parteien. Wir standen irgendwo nach am Beginn unserer Lebensgestaltung – vieles lag noch vor uns. Und wir wollten mit unseren Ideen und Anliegen ernst genommen werden.
Man reagierte seitens der im Gemeinderat bereite vertretenen Parteien überrascht. Über Nacht war Schwanenstadt vollplakatiert worden – und das damalige Wahlplakat, gestaltet von Manfred Kiwek, hatte es in sich. Man musste sich lange durchlesen, bis man wusste, um was es dabei überhaupt ging. Um die Kandidatur bei der Gemeinderatswahl einer völlig neuen Gruppe, junge Menschen, deren Eltern sich in allen drei bereits bestehenden Parteien ÖVP, SPÖ und FPÖ in Schwanenstadt engagierten. Und es kam dabei dann auch vor, dass sich diese Eltern Vorwürfe anhören mussten, sie hätten ihre Kinder nicht im Griff, die Erziehung hätte versagt.
Links am Plakat fand sich zum Leseeinstieg gleich mal eine Formulierung, die durchaus etwas provokant war, zum Nachdenken anregen sollte und klar machte: Wir sind etwas anders …
Auf welche Weise stirbt der Mensch? Indem sein Herz aufhört zu schlagen; und das ist wohl die bekannteste Art. Oder er wird auch wie die Anderen; – So sterben viele und man hat des nicht acht, sie selber merken es oft nicht das ganze Leben lang, nur vielleicht einmal spät steigt es ihnen sekundenhaft auf, aber sie streifen es ab, wie ein Stäubchen am Kleid. – Wenn man sich’s auswählen könnte, da weiß man’s nicht, und wenn man’s weiß, hat man die Wahl nicht mehr. Dies ist die Regel.
Ich selbst war dann am Wahltag Wahlzeuge im Wahllokal Volksschule Linzer-Straße. Der Wahlleiter war Oberschulrat Rupert Gugerbauer, damals FPÖ-Stadtrat, mein ehemaliger Hauptschuldirektor. Die PUM bekam in diesem Wahlkreis nur 11 Stimmen. Nach der Auszählung kam er zu mir und meinte: „Herr Aichmayr, hier waren es nur 11 Stimmen, aber ich bin mir sicher, die PUM ist zumindest mit 1 Mandat drinnen! Und dazu gratuliere ich jetzt gleich! Ich persönlich finde es toll, dass die Jugend eigene Wege sucht!“
Dieses 1 Mandat wurde auch erreicht. Die PUM ist nun seit 1979 im Schwanenstädter Gemeinderat vertreten – aktuell mit 3 Mandaten, nachdem es eine Periode lang auch schon einmal 4 Mandate waren. Allerdings ist sie inzwischen eine GRÜNE Gemeindegruppe geworden. Ich selbst habe dann noch ein zweites Mal für die PUM kandidiert – im Jahr 1985 auf Platz 13. Allerdings wohnte ich damals eigentlich nicht mehr in Schwanenstadt, ich war nur mehr am Meldezettel Schwanenstädter – das damals aus Solidarität mit der PUM.
Wo sind die eigenen Wege der heutigen Jugendlichen? Ich habe zuletzt mit unserem Bürgermeister Toni Helmberger mal darüber gesprochen und wir beide kamen überein, so richtig bescheid wissen wir nicht!
Für mich war das der Anstoß dafür, einen eigenen Radiobeitrag mit Jugendlichen aus unserer Gemeinde zu gestalten. Vier Jugendliche waren bisher bei mir, ich habe sie u. a. befragt, wie sie sich die Zukunft unserer Gemeinde vorstellen, was sie sich dabei wünschen würden. Was passt, was fehlt ihnen aktuell? Weitere jugendliche Stimmen werden noch dazu kommen. Für einen Querschnitt möchte ich zumindest 6 Jugendliche interviewt haben.
Mein Zugang: Wer aktiv mitgestaltet und sich entsprechend artikuliert wird vermutlich zufriedener mit seinem Umfeld sein, als jemand, der andere – eben auch für sich selbst – gestalten lässt! Die Jugend hat das Recht, mitzureden. Hören wir ihr zu!
Christian Aichmayr