Hinkünftig soll die Höhe des Arbeitslosengeldes zu Beginn einer Arbeitslosigkeit höher ausfallen, bei längerer Bezugsdauer soll es dann sinken. Dadurch soll zukünftig ein klares Signal gesetzt werden, dass es ganz wichtig ist, rasch wieder in Beschäftigung zu kommen. Wie genau diese Abstufung aussehen wird, ist noch nicht entschieden – im 2. Quartal 2022 möchte Arbeitsminister Martin Kocher ein konkretes Konzept dazu vorlegen.
Das dies jetzt verändert werden soll, ist für die Regierung wohl ein guter Zeitpunkt: Denn – zwischen 2024 und 2033 wird das Pensionsantrittsalter der Frauen schrittweise auf 65 Jahre angehoben und damit an jenes der Männer angeglichen. Dass damit die Altersarbeitslosigkeit bei Frauen ein großes Thema wird ist zu erwarten. Denn wo sind denn die Jobs, die in wenigen Jahren von Frauen im Alter von 60 – 65 Jahren besetzt werden sollen?
Mit der Senkung des Arbeitslosengeldes bei längerer Arbeitslosigkeit wird hier nun schon wohl vorausschauend reagiert. Sollten dann Frauen jahrelang ohne reale Beschäftigungsmöglichkeiten da stehen, soll es dem Staat nicht allzu teuer kommen. Das dass öffentlich natürlich nicht angesprochen wird, ist politisch wohl so gewollt.
Ich frage mich, wo sind denn die FürsprecherInnen der Frauen, die da jährlich den Equal Pay Day und den Equal Pension Day routinemäßig thematisieren (ohne sich wirklich mit dem Pensionsberechnungssystem beschäftigt zu haben, welches Frauen derzeit noch eindeutig besser stellt, was ich in diversen Aufsätzen, Leserbriefen und auch Radiobeiträgen immer wieder beschrieben habe). Warum wird da nicht jetzt schon auf diese Pläne der Regierung reagiert? Jetzt wäre wohl noch die Möglichkeit gegeben, dies entsprechend zu thematisieren.
Argumentiert wird ja oft, dass die Verlängerung der Arbeitszeit die jetzt im Durchschnitt wesentlich niedrigeren Frauenpensionen (man muss richtigerweise sagen „Mütterpensionen“ – denn erst letzte Woche wurde im Report auf ORF 2 davon gesprochen, dass der Durchnittsverdienst von Frauen um 51 % höher ist, wenn sie kinderlos sind) die Altersarmut in der Pension verhindern werden. Das ist ernsthaft zu bezweifeln.
Auch die Zuverdienstmöglichkeiten während des Arbeitslosengeldes sollen überprüft werden. Möglich ist das ja ohnehin nur bis zur Höhe der Geringfügigkeit – und das sind monatlich im Jahr 2022 € 485,85. Von meiner persönlichen Erfahrung her wäre das absolut kontraproduktiv. Selbst wenn sich zwischendurch nur eine geringfügige Tätigkeit ergibt, ist man damit wieder in einem Arbeitsprozess, macht neue Erfahrungen und erwirbt möglicherweise auch eine zusätzliche Qualifikation. Ich selbst war im Jahr 2017 neben einem AMS-Bezug geringfügig ein halbes Jahr in Qualifikationskursen von Langzeitarbeitslosen mit psychischer Diagnose als Referent und Trainer tätig und habe dabei zu meinen Ausbildungen wie Lebens- und Sozialberater oder akademischer Supervisor und Coach wie auch zu meiner jahrzehntelangen Praxis als Personalist durchaus Neues dazugelernt, was ohne diese Tätigkeit nicht möglich gewesen wäre!
Ein Arbeitsminister sollte sich eindeutig auf die Seite von Arbeitslosen stellen und nicht dafür sorgen wollen, dass es diese während ihrer joblosen Zeit noch schwerer haben!
Zu guter Letzt noch eine Anmerkung: In ganz Österreich herrscht der Sprachgebrauch, das Arbeitslosengeld würde von der Höhe her 55 % des Letztbezuges betragen. Das ist purer Unfug, denn es wird bei der Bemessung auf einen früheren Zeitpunkt zurückgegriffen. Aber kaum jemand verlässt den vorgegebenen Sprachgebrauch und somit wird mit einer Höhe des Arbeitslosengeldes argumentiert, die nicht der Realität entspricht. Es wäre schon viel getan, wenn hier endlich einmal die Realität greift – vermutlich liegt die Höhe im Schnitt bei etwa 52 %. Ich habe diesbezüglich schon einmal einen Radiobeitrag mit Mag. Iris Woltran von der Arbeiterkammer Oberösterreich gestaltet:
Christian Aichmayr