KLIMAKLEBER ALS TERRORISTEN BEZEICHNET

In einem Interview mit der Bezirksrundschau hat der oberösterreichische Verkehrslandesrat Mag. Günther Steinkellner die Klimakleber der „Letzten Generation“ als Terroristen bezeichnet.

Jetzt habe ich mal nachgesehen, wie Wikipedia den Begriff „Terrorismus“ beschreibt:

Unter Terrorismus (abgeleitet über „Terror“ von lateinisch terror ‚Furcht‘, ‚Schrecken‘) versteht man kriminelle Gewaltaktionen gegen Menschen oder Handlungen (wie Entführungen, Morde, Attentate und Sprengstoffanschläge), mit denen politische, religiöse oder ideologische Ziele erreicht werden sollen. Terrorismus ist das Ausüben und Verbreiten von Terror. Er dient als Druckmittel und soll vor allem Unsicherheit und Schrecken verbreiten oder Sympathie und Unterstützungsbereitschaft erzeugen bzw. erzwingen. Es gibt keine allgemein akzeptierte wissenschaftliche Definition von Terrorismus. Die verschiedenen juristischen Definitionen des Begriffs, ob im nationalen Strafrecht oder im internationalen Recht, sind häufig aus ähnlichen Gründen umstritten.

Terroristen greifen nicht militärisch nach Raum (wie der Guerillero), sondern wollen nach einer klassischen Formulierung Franz Wördemanns „das Denken besetzen“ und dadurch Veränderungsprozesse erzwingen. So ist Terrorismus keine Militär-, sondern primär eine Kommunikationsstrategie.

Personen und Gruppen, die Anschläge verüben, werden von Politik und Medien oft vereinfachend als „der Terrorismus“ bezeichnet, etwa in Begriffen wie „der internationale Terrorismus“. Der Begriff Staatsterrorismus bezeichnet staatlich organisierte oder geförderte Gewaltakte, welche nicht immer auf gesetzlicher Grundlage beruhen bzw. als terroristisch bewertet werden.

Na ja … in dieser Definition finde ich die Klimakleber, die sich ernsthafte Gedanken um den Fortbestand unseres Planeten machen, nicht.

Jetzt habe ich Landesrat Steinkellner ein Mail mit folgendem Inhalt geschrieben, wobei ich versucht habe, in einer Form zu schreiben, die er auch „nehmen“ kann. Mir selbst ist bewusst, dass dringender Handlungsbedarf gegeben ist …

Sehr geehrter Herr Mag. Steinkellner,

ich teile Ihnen mit, dass ich ihre Bezeichnung der Klimakleber als „Terroristen“ doch stark überzogen und nicht passend finde.

Auch ich bin mir keineswegs sicher, ob die Aktionen, den Verkehr zu behindern, wirklich zielführend sind – denn sie verärgern auch viele Menschen, die dem Klimawandel offen gegenüber stehen und auch wissen, das Handlungsbedarf gegeben ist. Der privaten Autoverkehr ist wohl auch nicht unbedingt der größte „Umweltsünder“.

Das Thema ist ja generell sehr komplex – und Veränderungen sind wohl nur machbar, wenn weltweit gezielt Maßnahmen ergriffen werden. Nur: Wer beginnt und traut sich da wirklich drüber.? Alleine wenn ich die diversen Kommentare in den sozialen Netzwerken betrachte, bin ich mir fast sicher, dass da bürgerkriegsähnliche Unruhen entstehen würden. Und somit denke ich – die Geschichte ist eigentlich schon gelaufen.

Ich habe mich im heurigen Frühjahr mit der „Letzten Generation“ etwas auseinandergesetzt und u. a. einen Radiobeitrag mit zwei Vertretern gemacht https://cba.fro.at/615502 und am 27.04.2023 im VAZ Oberndorf bei Schwanenstadt eine Podiumsdiskussion zum Thema „Letzte Generation – Reden wir darüber“ vom Verein für Wissenschaft und Soziales moderiert.

In den Tips Vöcklabruck fand sich dabei folgender Bericht:

SCHWANENSTADT. Kürzlich fand im Veranstaltungszentrum Oberndorf bei Schwanenstadt die vom Verein WI(e)SO initiierte Podiumsdiskussion „Letzte Generation – Reden wir darüber“ statt, welche von Christian Aichmayr moderiert wurde.

Diskussionsteilnehmer waren Maximilian Schoissengeyer, Student der Mathematik, der die Letzte Generation vertrat, der ehemaliger Aufsichtsratsvorsitzender von Spar-International Rudolf Staudinger, der als Vertreter der Wirtschaft eingeladen war und Wolfgang Traunmüller, Geschäftsführer von Blue-Sky-Wetteranalysen, der als Meteorologe die Klimasituation seit 2003 in der Region aufzeichnet und analysiert.

Maximilian Schoissengeyer legte die Hintergründe für den Aktionismus der Letzten Generation ausführlich dar, Wolfgang Traunmüller erläuterte seine Wahrnehmungen, Analysen und Erkenntnisse im Hinblick auf die Veränderung des Klimas, Rudolf Staudinger brachte ein, dass seines Wissens der von Menschen gemachte CO2-Austoß nur für einen minimalen Teil des gesamten CO2s in der Atmosphäre beträgt und schlug der Letzten Genration vor, anstatt dem von Teilen der Bevölkerung sehr negativ beurteiltem Aktionismus ihre Anliegen besser durch politisches Engagement in der Parteienlandschaft zu vertreten. Es waren etwa 100 interessierte Besucher bei der Veranstaltung anwesend – neben der Beantwortung von Fragen am Podium konnten sich auch die Besucher mit Fragen und Informationen einbringen.

Sich gegenseitig zuhören: Der Diskussionsabend verlief sehr diszipliniert und sachlich, gleich zu Beginn hatte der Moderator darum ersucht, die Veranstaltung unter dem Leitsatz „Lernen beginnt stets mit dem Eingeständnis, nicht alles zu wissen. Die Lernchance haben wir bei jenen, die anderer Meinung sind als wir!“ zu stellen und das individuelle Wissen, die unterschiedlichen Befindlichkeiten und das Bild über die Situation einfach zu erweitern.

Das ist an diesem Abend auch recht gelungen, es blieb sachlich und man hörte sich gegenseitig zu. Auch wenn die Zugänge unterschiedlich waren – die gemeinsame Klammer des Abends war, das Thema „Klimawandel“ ist zu ernst, um nicht zu Handeln. Und das Publikum bekam entsprechenden Einblick in die Überlegungen und Anliegen der „Letzten Generation“ und auch eine Begründung dafür, warum ihre Aktionen in der gegebenen Form stattfinden. Enttäuschend war, dass vom Klima- und Umweltministerium, bei welchem seitens des Vereines WI(e)SO im Vorfeld nachgefragt wurde, ob es stimmt, was die Letzte Generation feststellt, dass die Regierung kein Handlungskonzept hat was die Klimafrage betrifft, keine Rückmeldung gekommen ist.

Die Sorgen junger Menschen sind für mich nachvollziehbar. Sie, sehr geehrter Herr Landesrat, wissen selbst, die Sommer unserer Jugendzeit (ich bin Jahrgang 1958, Sie liegen 3 1/2  Jahre hinter mir) waren weitestgehend sorglos und nicht von ständigen Wetterkapriolen wie in der heutigen Zeit besetzt.

Spannend sind die Kipppunkte (diese werden im Interview beschrieben). Denn dann lässt sich vieles nicht mehr gut machen. Wenn nun auch das Szenario beschrieben wird, dass manchen Gegenden auf unserem Planeten hinkünftig unbewohnbar und wir in der Folge mit jeder Menge Klimaflüchtlingen zu rechnen haben werden – spätestens dann, werden wir unser Österreich oder eben auch Europa nicht mehr wieder erkennen. Und das wollen vermutlich weder Sie noch ich!

Was meines Erachtens bei der ganzen Diskussion immer wieder ausgeklammert wird (ich habe das in den Radiobeitrag eingebracht, aber meine Gesprächspartner von der „Letzten Generation“ hatten damit nicht sehr viel Freude), ist der Weltbevölkerungszuwachs. Auf unserem endlichen Planeten, werden wohl auch deshalb so viele Ressourcen verbraucht, weil die Weltbevölkerung rasant anwächst. Momentan ist der afrikanische Staat Niger wegen des Militärputsches in den Medien. Niger hatte 1950 2,5 Mio. Einwohner. 2050 werden es dort um die 67 Mio. Einwohner sein. Und das bei 90 % Wüstenlandschaft! Diese Wachstumsrate umgelegt auf Österreich, welches 1950 6,9 Mio. Einwohner hatte, würde bedeuten, wir hätten 2050 186 Mio. Einwohner. Auf Oberösterreich umgelegt: 1950 hatten wir 1,1 Mio. Einwohner – 2050 hätten wir bei Nigers Wachstumsrate 29,5 Mio. Einwohner. Aktuell hatte Oberösterreich mit Jahresbeginn 2023 127 Einwohner pro km2, bei 29,5 Mio. wären es beachtliche 2460 Einwohner pro km2. Da dann Verkehrslandesrat zu sein, wäre wohl eine echte Herausforderung (wenn überhaupt noch machbar).

Was ich mir von Politikern wünsche, deckt sich mit dem Philosophen Volker Gerhardt, Professor an der Humboldt-Universität in Berlin, der bereits vor einiger Zeit formuliert hat:

  • „Wie war es möglich, dass die Politik sich selbst zur größten Gefährdung der Zivilisation auswachsen konnte? Die Politik sollte für Befriedung sorgen. Doch es gibt nichts, wodurch der Mensch sich so sehr gefährdet hat wie durch die Politik. Dies alles sei möglich, weil die Politik aus Gründen der Machtsicherung immer wieder auf einer „Faszination für Extremlagen“ verfalle, statt sich um die „eigentlichen Aufgaben“ zu kümmern, wie eben „die Vermeidung und Schlichtung von Streit, der Kampf gegen die Ursachen der Ungleichheit, die Förderung von Erziehung und Bildung, das Setzen wirtschaftlicher Impulse und schließlich die Bereitstellung von Hilfen in unverschuldet eintretenden Fällen der Gefährdung und der Not.“

Ich selbst bin seit 38 Jahren in der Lokalpolitik tätig, nie aber für eine etablierte Partei – das könnte ich einfach nicht, da bin ich zu viel Individualist und eigenständiger Denker. Österreich wurde zuletzt nur mehr der Status einer „Wahldemokratie“ bescheinigt, was auch meinen Beobachtungen und Wahrnehmungen entspricht. Sie sind ja nicht der einzige Spitzenpolitiker, den ich kontaktiere, im Regelfall kommt von Ministern/Ministerien keine Antwort mehr. Das habe ich in früheren Zeiten nicht so gravierend erlebt.

Mit den besten Grüßen aus der kleinsten Gemeinde OÖ’s verbleibe ich,

Christian Aichmayr

Wenn eine Antwort kommt, werde ich diese gerne nachstehend veröffentlichen!

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